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Von der Maginot-Linie über einen Soldatenfriedhof zum KZ Struthof



Nein, dieses Mal sollte es kein Tagesausflug mehr werden, bei dem man insgesamt etwa sieben Stunden auf der Autobahn verbringt und ca. drei Stunden über das Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Struthof-Natzweiler läuft. Klar, zur Not geht auch das, das Thema ist wichtig genug. Doch warum nicht ein zweitägiges Projekt wagen, das den 2. Weltkrieg aus französischer und deutscher Sicht näherbringt und den Zusammenhang zur Unterdrückung und Vernichtung in einem KZ herstellt? Um herauszufinden, ob diese Idee trägt, machten sich am Montag, dem 9.10., 62 NeuntklässlerInnen und vier GeschichtslehrerInnen ins Elsass auf.

Erste Station war das kleine Örtchen Lembach, in dessen Nähe sich ein Einstieg in die Maginot-Linie befindet. Diese über 700 Kilometer lange französische Verteidigungsanlage erstreckt sich unter der Erde über die Grenzen zu Belgien, Luxemburg und Deutschland bis hinunter nach Italien. In den Boden hinein hatten die Franzosen über sechs Jahre hinweg für insgesamt fünf Milliarden Franc unterirdische Tunnel, zum Teil mit Schienen für Loren, Schlafsäle, Kommandostände, Kantinen, Poststellen, Behandlungsräume und natürlich Gefechtsstände mit Kanonen gelegt. Eineinhalb Stunden lang wurden die drei Klassen durch das konstant zwölf Grad kalte Bauwerk geführt. Was auch vollkommen ausreichte, um das Gefühl, ohne Tageslicht unter der Erde zu sein, und die Angst nachvollziehen zu können, die die Franzosen nach drei Kriegen gegen die Deutschen empfunden haben mussten.
Tatsächlich kam es genau an dieser Stelle der Maginot-Linie zu einem Gefecht gegen eine badische Wehrmachtseinheit 1940. Die deutschen Angreifer wähnten sich im Vorteil, da es ihnen gelungen war, von französischem Territorium aus im Rücken der Verteidigungsanlage anzugreifen. Doch die hydraulisch ausfahrbaren Kanonen konnten sich 360 Grad drehen und so die Feinde unter Beschuss nehmen. Über 100 deutsche Soldaten starben – und wurden im nur wenige Kilometer entfernten Niederbronn begraben. Zusammen mit über 15000 weiteren Überresten zumeist deutscher Soldaten. Dieser Soldatenfriedhof bildete die zweite Station der Elsassfahrt.

Man muss sich dies nur einmal vorstellen: Überreste maßgeblich deutscher Wehrmachtssoldaten werden auf französischem Territorium begraben (ein Teil des Friedhofs muss sogar der jüdischen Gemeinde abgekauft werden), wo ihnen bis heute eine letzte Ruhe gewährt wird. Unter ihnen sogar ein Major, ein Kriegsverbrecher, der einen Zivilsten auf dem Kirchplatz hatte erhängen lassen, weil er sich nicht an den Schanzarbeiten gegen die heranrückenden Alliierten beteiligten konnte, da er Epileptiker war. Unter ihnen aber auch eine 87 Jahre alt gewordene Deutsche, die im von den Franzosen 1945 weiter betriebenen KZ Struthof umgekommen war. Um diese Biografien aber nicht falsch verstanden zu wissen, führten zwei Guides der Kriegsgräberfürsorge über den Friedhof, präsentierten Quellen (Briefe, Tagebucheinträge) und regten zur aktiven Auseinandersetzung an. Darf ein Kriegsverbrecher solch ein Grab haben? Wie ist es zu verstehen, dass auf einem Soldatenfriedhof auch Zivilsten begraben liegen? Wie kann es sein, dass zum Teil blutjunge Deutsche Hitler begeistert in den Krieg folgten?

In großen Teilen war den Schülerinnen und Schülern jetzt schon der Zusammenhang zur Verfolgung, Unterdrückung und Vernichtung im 3. Reich klar. Um dies noch deutlicher herauszuarbeiten, kamen nach dem Abendessen in der Albert-Schweitzer-Begegnungsstätte, wo man auch die Nacht verbrachte, die drei Klassen in jeweils drei Räumen zusammen. Über Holocaust-Lyrik und Gemälde wurde ein maßgeblich emotionaler Zugang zu diesem Thema geschaffen und erste „Aufklärungsgespräche“ geführt. So ging es also am nächsten Tag zur dritten Station: Ins KZ Struthof-Natzweiler. Einem Ort unermesslichen Grauens und Leidens. Über 20 000 Menschen ließen hier auf schreckliche Art und Weise ihr Leben. Stille Zeugen sind heute noch zu besichtigen, u.a. das Krematorium, der Bunker oder die Gaskammer. Drei Führungen brachten den SchülerInnen die Brutalität des Lagers zum Beispiel in der Darstellung der unmenschlichen Thypus-, Senf- und Phosphorversuche näher. In so genannten Buddy-Books konnten die SchülerInnen ihre Eindrücke, Gefühle und noch offenen Fragen festhalten. Im Geschichtsunterricht wurde dies dann aufgegriffen, was zu nötigen und guten Gesprächen führte.

Der Hamas-Terror führt wieder brutal vor Augen, wie wichtig es ist, dass Schule als Ort der Aufklärung zeigt, wie wichtig Respekt und Toleranz für ein friedliches Miteinander sind, und dass in einer Demokratie jeder und jede die Verantwortung dafür mitträgt, dass es keinen Platz für Antisemitismus und Rassismus gibt. Wenn den Teilnehmenden dieser Lehrfahrt dies deutlich wurde, wiederholen sie wir gerne nächstes Jahr wieder.

Text/Fotos: Web

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